Ist Investieren in Kriegszeiten unmoralisch?

Seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine erhalte ich, neben Fragen der Bestandssicherheit von Depots und Altersvorsorge, Anfragen, ob Investitionen in weltweit streuende ETF´s (Aktien) nach den Kursverlusten der letzten Tage nicht unmoralisch und gar Kriegsgewinnlerei seien.

Nicht nur der Kapitalismus existiert in Versuch und Irrtum, sondern auch ich unterlag dem Irrtum der Unmöglichkeit eines solchen Krieges. Ich habe bereits Hilfe für Betroffene geleistet und meine innerste Überzeugung lautet, keinen Cent für den Aggressor.

Weshalb halte ich aber weltweit ausgelegte Investitionen bei den derzeitigen Börsenständen weder für unmoralisch noch für Kriegsgewinnlerei? Ein solcher Verdacht ist für manchen durchaus naheliegend, denn niemand möchte mit seinem Geld am Elend des Krieges verdienen.

Grundlegend muss man von Folgendem ausgehen: Kapital wird immer dorthin investiert, wo es höchste Renditeerwartungen gibt. Humanitäre Aspekte bleiben dabei unberücksichtigt, es sei denn, diese versprechen Rendite. Ein Krieg verspricht neben Verlust und Zerstörung fast immer einen Wiederaufbau mit Wachstum und entsprechenden Renditen. Dieser Fluss „des Kapitals“ wird sich trotz allen menschlichen Leids, selbst bei Verweigerung von Einzelnen, nicht ändern.

"Der Kapitalismus hat ein kaltes Herz!"

Prof. Werner Plumpe

Aber es gibt auch ein Gegenstück:

Es ist wissenschaftlich belegt, dass Kriege investiertem Kapital und der Rendite in der Breite weit mehr schaden, als der spätere Wiederaufbau einbringt. Die Invasion der Ukraine durch Russland gefährdet in Europa und teilweise weltweit in einem noch nie dagewesenen Maß Renditen und investiertes Kapital. Diese Gefährdung lässt die Unternehmen in einer außergewöhnlichen Geschlossenheit gegen den Krieg in der Ukraine auftreten.

Inwieweit der Wandel Russlands zu einem Staatskapitalismus mit immer enger werdendem Korsett die Unternehmen zu einem Rückzug aus Russland bewegt, bleibt hier einmal unbeachtet.

Ich möchte niemanden unterstellen, dass nicht auch humanitäre Aspekte eine Rolle spielen, möglich auch Image und positive Marketingeffekte an den Entscheidungen beteiligt sind, letztlich aber steht im Kern immer die Frage nach der Rendite.

Die westlichen Staaten als Garant und Werkzeug für kapitalistisches Wirtschaften haben zudem die Zugänge Russlands auf die internationalen Finanzmärkte fast vollständig gekappt. Im Zusammenspiel mit den wirtschaftlichen Sanktionen kommt es zu Marktverschiebungen und damit zu neuen Renditeaussichten für internationales Kapital insbesondere nach Beruhigung der Lage.

Ist nun eine augenblickliche breitangelegte weltweite Investition moralisch verwerflich? Nein.

Auch wenn, wie oben dargelegt, der Zwang, Renditen zu erwirtschaften, der vielleicht stärkste Antrieb für Firmen aus aller Welt war, der Kriegspartei Russland die wirtschaftliche Unterstützung zu entziehen, handelt man bei einer Investition in diese Firmen nicht unmoralisch. Eine solche Anlage unterscheidet sich nicht von einer Investition in Friedenszeiten. Investiert man also, ist man kein Finanzier Russlands, dennoch aber an der Neuordnung der Märkte und ggf. den daraus resultierenden Gewinnen beteiligt. Ein Feinabgleich der Anlagen nach eigenen moralischen Grundsätzen ist in allen Zeiten erforderlich.

Kriegsgewinnler – wird es geben. Meist jedoch bewegen diese sich wenig bis gar nicht im transparenten Markt. Sie tauchen also im „Standarddepot“ kaum auf. Wenn darüber hinaus bei der Anlage ethische und humanistische Werte Berücksichtigung finden, können Kriegsgewinnler recht wirksam von der eigenen Anlage ferngehalten werden.

Eine Investition in Anteile von Unternehmen (ETFs oder direkt in Aktien), die derzeit etwas preiswerter am Markt gehandelt werden (niedrige Kurse), hat nichts mit dem Ausnutzen von Notsituationen in Krisenzeiten (Kriegsgewinnler) zu tun. Die Börsen sind oft emotional getrieben und Unsicherheit über etwaige Entwicklungen schafft niedrige Kurse.

Im Fazit unterscheiden sich also momentan getätigte Investitionen, die mit eigenem moralischen Anspruch getätigt werden, nicht von einer Investition in Friedenszeiten.

Wer in die Themen „Der Kapitalismus-eine Erfolgsgeschichte“ und „Renditen und Wohlstand“ tiefergehend einsteigen möchte, dem empfehle ich das 2019 erschienene Buch von Werner Plumpe „Das kalte Herz des Kapitalismus“ ISBN-10: ‎ 387134754X.

Selbstredend stellt dieser Beitrag keine Finanzberatung oder Anlageempfehlung dar. Der Beitrag gibt meine persönliche Meinung wieder und ersetzt keinesfalls eine Beratung.

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